Warum digitale Produkte mit dem Minimum Viable Product (MVP)-Ansatz entwickelt werden

Immer wieder werden wir mit diesen Fragen und Aussagen konfrontiert:

  • Was ist ein Minimum Viable Product?
  • Wie lange dauert die Entwicklung eines MVPs?
  • Welche Vorteile hat es?
  • Wir wollen nicht mit einer Minimallösung an den Markt.
  • Wir wissen, was unsere Kunden wollen und brauchen.
  • Wann ist unser digitales Produkt eigentlich fertig?

In diesem Beitrag wollen wir diese Fragen klären und zeigen, welche Vorteile der MVP-Prozess in der Entwicklung einer digitalen Lösung hat. 

Ein Minimum Viable Product ist eine auf die wichtigsten Kernfunktionen reduzierte Lösung. Wie in einem Labor kann ein Unternehmen testen, ob das Konzept für das Produkt bei ihrer Zielgruppe Anklang findet oder ob sie es anpassen müssen. Die Ziele eines MVP sind es, schnell einen unmittelbaren Nutzen zu bieten, gleichzeitig die Entwicklungskosten zu minimieren und um Daten und Feedback zu sammeln, die dann zur Verbesserung zukünftiger Iterationen des Produkts verwendet werden können. 

Je nach Umfang und Komplexität kann ein MVP in einem Zeitraum von einigen Wochen bis hin zu wenigen Monaten bereitgestellt werden. Damit das Experiment so real wie möglich ist, sollte die Lösung voll funktionsfähig sein. Die Zielgruppe muss das Gefühl haben, dass sie ein komplettes Produkt nutzen kann. Darüber hinaus kann das Unternehmen mit dem MVP gegebenenfalls bereits die ersten Umsätze erzielen.  

Erfolgreiche Produkte wie Spotify, Airbnb, Dropbox und Instagram haben auch mal klein – als MVP – angefangen

Sie alle haben den Prozess des Minimum Viable Product (MVP) genutzt, um die Funktionsfähigkeit und die Akzeptanz ihrer jeweiligen Produkte zu testen. Im Laufe der Zeit ergänzten sie auf der Grundlage von Nutzertestdaten und -feedback ihre Produkte um weitere Funktionen. So entwickelten sie sich nach und nach zu den ausgereiften Lösungen, die sie heute sind. Und sie werden kontinuierlich weiterentwickelt.

Der iterative MVP-Prozess: Bauen – Testen – Messen – Lernen

Wenn ein Unternehmen beschließt, ein Produkt zu entwickeln, werden erste Annahmen und Vorgaben gemacht, zum Beispiel: Definition der Zielgruppe, Bedürfnisse der Nutzer, Funktionsweise des Designs, Definition der Marketingstrategie, Monetarisierung.

Doch ganz gleich, wie sicher sich Unternehmen ihrer Annahmen sind, damit ein Produkt Erfolg hat, müssen diese Vorgaben kontinuierlich überprüft werden. Durch den iterativen „Bauen – Testen – Messen – Lernen“-Prozess der MVP-Entwicklung können Unternehmen diese Annahmen mit geringem Risiko validieren oder entkräften. Die iterative Entwicklung zielt darauf ab, die Bedürfnisse der Benutzer zu identifizieren und die geeigneten Funktionalitäten zu bestimmen, um diese Bedürfnisse schnell zu erfüllen. Die eigenen Annahmen werden kontinuierlich mit der Nutzung des Produkts und dem Feedback der Benutzer abgeglichen, um schnelle Produktänderungen vorzunehmen, wenn sich neue Informationen ergeben.

Nach dem „Bauen – Testen – Messen – Lernen“-Prozess beginnen Unternehmen mit der Erstellung eines MVP, um ihre Annahmen zu testen. Das MVP wird von Nutzern genutzt und Feedback gesammelt. Diese Informationen sind die Grundlage für die Ausrichtung des Produkts in der nächsten Iteration. So wird zum Beispiel festgelegt, welche weiteren Funktionen hinzugefügt werden sollen, welche Aspekte zur Steigerung des Umsatzes/ROI beitragen und wo genau das Budget eingesetzt werden soll.

 

Ein MVP hilft den Markt zu verstehen

Bei einem MVP geht es vor allem darum, zu testen und herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Ziel ist es, den Markt und die Zielgruppe zu verstehen und nicht darum, Kunden etwas zu verkaufen, was sie nicht benötigen. Oftmals gehen Unternehmen davon aus, dass ihr Produkt ein angenommenes Nutzerbedürfnis erfüllt. Dies ist jedoch möglicherweise nicht der Fall, da entweder das Bedürfnis nicht existiert oder bereits auf dem Markt vorhandene Lösungen die Bedürfnisse erfüllen.

Ein MVP ermöglicht es Unternehmen, die Marktnachfrage für ihr Produkt zu testen und herauszufinden, ob potenzielle Nutzer das Produkt benötigen und verwenden werden, ohne große Summen investieren zu müssen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse können Unternehmen entweder die Lösung, die ihr Produkt bietet, überarbeiten, um eine stärkere Marktdifferenzierung zu ermöglichen, oder ein völlig neues Konzept entwickeln. Für den Erfolg einer Lösung ist es unerlässlich, dass das Unternehmen kontinuierlich analysiert, wie ihre Lösung eingesetzt wird. So kann sichergestellt werden, dass das Produkt einen nachhaltigen Nutzen für die Anwender bietet.  

UX und Benutzerfreundlichkeit testen

Eine der größten Herausforderungen besteht darin, ein digitales Produkt zu entwickeln, das zu einer hohen Nutzerbindung führt. Laut Localytics verwenden nur 32 Prozent der Nutzer eine App nur drei Monate weiter. 21 Prozent der Nutzer nutzen eine App nur einmal. Was nutzen einem viele Downloads, wenn die Lösung nicht genutzt wird? Es ist wichtig, ein Ziel zu haben, das über die bloße Anzahl der Downloads hinausgeht. Die Bindung von Nutzern durch die Bereitstellung eines kontinuierlichen Werts ist ein wesentliches Ziel des UX-Designs.

Ein MVP testet das Potenzial des Produkts für nachhaltiges User-Engagement. Auch hier werden Kosten gespart, bevor mit der weiteren Entwicklung fortgefahren wird. Mit einem MVP können Unternehmen Daten und Erkenntnisse darüber sammeln, wie Nutzer mit dem Produkt interagieren. So kann beurteilt werden, wie schnell die Kunden die Funktionsweise und den Nutzen des Produkts verstehen. Auf dieser Grundlage werden neue Möglichkeiten zur Erweiterung der Funktionalität identifiziert, um ein besseres Nutzererlebnis zu bieten.

MVPs sind kosteneffizient

Eine digitale Lösung ist nie fertig. Kontinuierliche Verbesserungen haben ihren Preis. Da diese Aktualisierungen und Ergänzungen jedoch über einen längeren Zeitraum hinweg iterativ entwickelt wurden, verteilen sich die Kosten. Einnahmen aus früheren Versionen können reinvestiert werden. Der MVP-Ansatz hilft auch zu verhindern, dass das Produkt zu kompliziert wird, da sich die Aktualisierungen an den gewonnenen Nutzerdaten orientieren. Wenn ein digitales Produkt mehr Nutzer gewinnt, sammelt es mehr Informationen. Diese geben die Richtung der Weiterentwicklung des MVPs vor. So kann smarter und mehr investiert werden.

Investoren lieben MVPs

Wie oben beschrieben, ist die Entwicklung einer digitalen Lösung durch den MVP-Prozess sehr effizient. Durch den iterativen „Bauen – Testen – Messen – Lernen“-Prozess kann außerdem sichergestellt werden, dass das Produkt entsprechend den Bedürfnissen der Nutzer weiterentwickelt wird. Effizienz und Kundenorientierung beziehungsweise Marktfähigkeit sind wichtige Faktoren, um Vertrauen bei Investoren zu gewinnen. Da ein MVP ein voll funktionsfähiges Produkt ist, generiertes es früh Umsätze. Ebenfalls ein Punkt, der bei Investoren gut ankommt.

Wichtigste Erkenntnis

Ein MVP ist ein Experimentierprozess. Unternehmen definieren ihre Annahmen und reduzieren diese auf das kleinstmögliche Experiment, das in einem Minimum Viable Product umgesetzt wird. Damit werden die Annahmen getestet. Die Erkenntnisse des Experiments fließen dann in die Weiterentwicklung des Produkts ein. Entscheidend dabei ist, dass ein Minimum Viable Product es Unternehmen ermöglicht, klein anzufangen und iterativ ein besseres, ausgefeilteres Produkt zu entwickeln. Mit jeder neuen Version entwickelt sich das Produkt weiter, um den ROI zu maximieren und sich zu einer ausgereiften Anwendung zu entwickeln.

Viele Unternehmen gehen davon aus, dass ein gradueller Innovationsprozess ausreicht, um die Möglichkeiten der Digitalisierung auszureizen. Neue Player zeigen etablierten Unternehmen jedoch, dass es radikaler Innovationen und Umbrüche im Geschäftsmodell bedarf, um im Markt bestehen zu bleiben. Prominente Beispiele sind 

  • die Automobilindustrie, die von Tesla vorgeführt wird. 
  • SAP, die fast den Sprung in die Cloud verpasst hätte und sich jetzt mit agilen Wettbewerbern wie Salesforce und Celonis auseinandersetzen muss.
  • das Management von Nokia, das den Trend zum Smartphone nicht erkannt hat
  • das Versandhaus Quelle, das von Amazon verdrängt wurde, weil es die Digitalisierung nicht konsequent umsetzte. 

Das Versandhändler Otto wiederum digitalisierte konsequenter und ist in Deutschland der zweitgrößte E-Commerce Händler – wenn auch weit abgeschlagen hinter Amazon. 

Selbst Microsoft stand auf der Kippe. Satya Nadella, der 2014 CEO von Microsoft wurde, erkannte die Probleme rechtzeitig und krempelte Microsoft komplett um. Weg vom klassischen Computing hin zur Cloud. Weg vom alten Produkt hin zu einem serviceorientierten Business. Der Lohn: deutliche Umsatzzuwächse und ein Aktienkurs, der sich seit Nadellas Amtsantritt verfünffacht hat. Der Anstieg ist umso erstaunlicher, wenn man ihn mit SAP, Oracle und IBM vergleicht.

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