90 % aller Start-ups scheitern mit Ihrem Produkt. Diese Realität sollte Unternehmen und junge Gründer aber nicht davon abhalten, es zu versuchen. Mit dem MVP-Ansatz steht eine Methode zur Verfügung, Ideen für digitale Produkte schnell mit den nötigsten Funktionen umzusetzen, sie am Markt zu testen und dann laufend zu verbessern. Dadurch verringert sich durch einen MVP das Risiko, am Markt und den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei zu entwickeln und ermöglicht eine sehr geringe Time to Market.
Während der MVP-Ansatz Ihnen hilft, die größten Probleme der klassischen Produktentwicklung zu umgehen, ist der Weg vom MVP zum Produkt mit der ersten Einführung noch lange nicht vorbei. Erst in dieser Phase entscheidet sich, ob Ihre Idee ein Bedürfnis befriedigt, ob das Produkt gut genug ist, wie tragfähig Preisstrategie und Geschäftsmodell sind. Daher müssen Sie gerade in dieser kritischen Phase alles daran setzen, Ihre Kunden zu verstehen, das Produkt zu verbessern und an Ihrem Marketing zu feilen.
In diesem Artikel erklären wir, welche Herausforderungen in der digitalen Produktentwicklung nach der Einführung des MVP auf Sie warten und wie Sie diese meistern, damit aus dem MVP ein Erfolgsprodukt wird.
Nach der Markteinführung: Feedback aufnehmen und analysieren
Der erste wichtige Schritt nach der Einführung des MVP ist es, das Feedback genau zu erfassen und zu analysieren. Das Ziel der MVP Entwicklung war es schließlich, mit einem Produkt möglichst schnell auf den Markt zu kommen, um dieses Feedback schnell in die Verbesserung des Produkts zu stecken. Sie müssen überprüfen, ob Sie in der Markt- und Kundenanalyse die richtigen Schmerzpunkte und Probleme gefunden haben und ob Ihr MVP grundsätzlich in der Lage ist, das identifizierte Problem zu lösen.
Nutzerbewertungen sammeln Sie zum Beispiel über gezielte Kundenumfragen. Hier haben Sie die Möglichkeit, genau die Aspekte abzufragen, die für Sie am relevantesten sind. Daher ist auch Feedback aus Nutzerbewertungen Google, dem App Store und ähnlichen Plattformen wichtig, um zu verstehen, wie der MVP bei Ihren Kunden ankommt.
Daten sind die zweite wichtige Quelle für Feedback nach der Markteinführung. Daten sammeln Sie einerseits über Ihre Werbekanäle wie die Webseite, Landingpages, Social-Media-Kanäle oder Newsletter, andererseits über die Nutzung des Produkts selbst. So ergibt sich ein umfassendes Bild über Interesse, Nutzung und Zufriedenheit der Kunden mit Ihrem MVP. Daraus können Sie wichtige Erkenntnisse für die nächsten Tests und Iterationen ableiten.
Skalierbarkeit nach dem Launch sicherstellen
Die Skalierbarkeit ist enorm wichtig für eine gelungene Markteinführung und die Zeit danach. Auch Sie kennen sicherlich Beispiele, in denen junge Start-ups vom eigenen Erfolg überrascht wurden und der Dienst dann zusammenbricht. In der Gamingindustrie tritt dieses Problem häufig auf. In der Anfangsphase eines jungen Unternehmens kann das fatal sein, denn es sorgt für eine schlechte Nutzererfahrung. Stellen Sie sich vor, Sie sind begeistert von einem Produkt und gehören zu den ersten Nutzern, nur um festzustellen, dass Sie das Produkt nach dem Start nicht nutzen können.
Bereits vor dem Start sollten Sie Ihre Infrastruktur vorbereiten und mit Ihren Partnern über eine flexible Erweiterung der Serverkapazitäten sprechen. Wenn Sie einen erklärungsbedürftigen MVP einführen, sollten Sie auch dafür sorgen, dass der Support über alle Kanäle funktioniert. Gerade nach der Einführung sollten Sie damit rechnen, dass die ersten Nutzer besonders viele Fragen und Probleme haben. Wenn Sie Kunden hier nicht alleine lassen, legen Sie zugleich einen Grundstein für eine langfristig gute Beziehung zu ihnen.
Kostenfrei, Freemium oder Abo? Die richtige Monetarisierung für den MVP
Die Monetarisierung ist der Schlüssel für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg mit dem MVP. Viele Unternehmen scheitern nicht unbedingt an einem schlechten MVP, sondern daran, auf Dauer kein Gewinn mit dem Produkt zu erzielen. Dieser Umstand war zu einem großen Teil für das Platzen der Dotcom-Blase verantwortlich. Unternehmen scheiterten schlicht daran, Geld mit Ihren Services und digitalen Produkten zu verdienen. Die richtige Monetarisierungsstrategie zu entwickeln, ist also nicht einfach. Sie müssen Markt und Kunden genau kennen, damit Sie herausfinden, was Ihre Zielgruppe bereit ist, zu zahlen.
Im digitalen Zeitalter haben sich eine Vielzahl verschiedener Preisstrategien etabliert. Bei Abomodellen zahlen Nutzer eine monatliche Gebühr, um ein Produkt nutzen zu können. Für die Kunden ergibt sich dadurch eine geringere Eintrittsschwelle, während Unternehmen regelmäßige Einnahmen über eine lange Zeit generieren können – vorrausgesetzt, es gelingt ihnen, den Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden.
Freemium-Modelle sind eine Option für die Produkte, bei denen Sie den Zugang sinnvoll limitieren können. In diesem Fall stellen Sie eine kostenlose Basisversion und eine vollständige, kostenpflichtige Version Ihres Produkts zur Verfügung. Der Funktionsumfang ist hier nicht die einzige Stellschraube, an der Sie drehen können. Auch die Begrenzung der Anwendungsdauer oder die Einschränkung des Supports sind Optionen, um ein Freemium-Modell zu gestalten. Ein bekanntes Beispiel für ein Freemium-Modell liefert der Streaminganbieter Spotify. Nutzer haben Zugriff auf das gesamte Portfolio, aber in der kostenlosen Version fehlen Komfortfunktionen und die Musik wird regelmäßig durch Werbung unterbrochen.
Viele Start-ups setzen zum Start Ihres MVPs auf ein Gratismodell. Dadurch ist die Einstiegshürde für Kunden geringer und Sie erzielen eine höhere Reichweite. Rein werbefinanzierte Geschäftsmodelle tragen sich, außer im klassischen Affiliategeschäft, langfristig meistens nicht. Als Unternehmen stehen Sie dann aber vor der Herausforderung, ein langfristig tragfähiges Geschäftsmodell zu finden.
Die Umstellung von einem Gratismodell hin zu einem Bezahlmodell birgt immer die Gefahr, bestehende Nutzer zu verschrecken, die sich daran gewöhnt haben, dass das Produkt kostenlos ist. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist Mitfahrgelegenheit.de. Die Website war lange Zeit die Nr.1 Plattform für das Finden von Mitfahrgelegenheiten in Deutschland und für Nutzer vollständig kostenlos. 2013 entschieden sich die Plattformgründer, Gebühren von den Nutzern zu erheben. Daraufhin gab es einen Shitstorm und viele User wechselten zu BlaBlaCar, einem französischen Anbieter, der in nur 10 Tagen eine deutsche Plattform auf die Beine gestellt hat. Drei Jahre später meldete Mitfahrgelegenheit.de Insolvenz an und stellte den Betrieb ein.
Das heißt selbstverständlich nicht, dass die Veränderung der Preisstruktur immer zum Scheitern verurteilt ist. Es gibt viele Beispiele, in denen die Umstellung geklappt hat. Entscheidend ist der richtige Zeitpunkt. Je früher Sie Änderungen an Ihrer Preisstruktur vornehmen, desto eher werden sie von Nutzern angenommen. Daher lohnt es sich, frühestmöglich mit verschiedenen Preismodellen zu experimentieren.
Qualität über Quantität: So entwickeln Sie eine Marketing-Strategie für einen MVP
Das Marketing für ein Minimum Viable Product funktioniert an verschiedenen Stellen anders als traditionelles Marketing. Das liegt an den unterschiedlichen Herausforderungen, mit denen Sie konfrontiert sind.
Mit Ihrem MVP betreten Sie ein neues Marktsegment. Um die richtige Marketingbotschaft zu entwickeln, stehen Ihnen ausschließlich Annahmen über diesen Markt, Ihre Kunden und deren Bedürfnisse zur Verfügung. Sie haben keine Daten. Sie können nicht beweisen, dass Ihr Produkt so funktioniert, wie Sie behaupten. Wenn Ihre Werbebotschaften zu viel oder die falschen Dinge versprechen, laufen Sie Gefahr, dass Ihre Kunden eine negative Erfahrung macht. Mit größeren Botschaften generieren sie so vielleicht mehr Verkäufe, aber die Kunden sind enttäuscht und wenden sich von Ihnen ab.
Im MVP-Marketing sollten Sie zu Beginn konservativ handeln. Starten Sie mit einer einfachen Botschaft, die auf möglichst wenigen spekulativen Annahmen beruht. Überprüfen Sie dann genau, wie der Empfänger reagiert und welches Feedback er zurückgibt. Es geht nicht darum, möglichst viele Käufer für den MVP zu finden. Stattdessen benötigen Sie einige wenige Kunden, denen Ihr Thema am Herzen liegt, für die Idee brennen und gemeinsam mit Ihnen die Entwicklung vorantreiben möchten. So erhalten Sie wertvolles Feedback, mit dem Sie Optimierungspotenziale erkennen und herausfinden, wie überlebensfähig die Idee insgesamt ist.
Der Schlüssel zum Erfolg in der digitalen Produktentwicklung: Kontinuierlich analysieren und testen
Der Grundgedanke des Minimum Viable Products ist die Iteration, damit das Produkt immer genauer die Bedürfnisse der Kunden befriedigt. Es gibt es immer Potenzial für Verbesserungen.
Die erfolgreichsten und bekanntesten Apps der Welt iterieren Ihre Produkte laufend, fügen neue Funktionen hinzu und polieren bestehende Funktionen. Denken Sie an Airbnb. Airbnb war zum Start nicht mehr als eine Buchungsplattform für Ferienwohnungen und Häuser. Schritt für Schritt kamen neue Funktionen und Services hinzu. Heute vermietet Airbnb nicht nur Millionen von Wohnungen, sondern vermittelt Freizeitaktivitäten weltweit: von Stadtführungen über Kochkurse bis zu Yogastunden. Yogastunden, Canyon-Rafting, Kochkurse,
Für die Verbesserung Ihres MVP stehen Ihnen heute mächtige Werkzeuge zur Verfügung. Nutzen Sie Big Data zu Ihrem Vorteil, damit Ihr MVP zum Erfolgsprodukt wird. Dazu müssen Sie zunächst die relevanten KPIs bestimmen, um wichtige von unwichtigen Daten zu unterscheiden. Aus der Interpretation dieser Daten gewinnen Sie dann wichtige Kenntnisse für die Optimierung des Produkts. Welche Funktionen wollen die Nutzer? Wo hakt es bei vielen Nutzern? Durch digitale Anwendungen sammeln Sie Daten in Echtzeit und sehen sofort, wie sich bestimmte Änderungen an Ihrem Produkt auf die Zahlen auswirken.
Fazit: Vom MVP zum erfolgreichen Produkt
Mit der Einführung des MVP fängt die Arbeit erst an, denn sowohl ein erfolgreicher als auch ein problematischer Verlauf bringen verschiedene Herausforderungen für das Unternehmen mit. In dieser Phase nach der Einführung entscheidet sich der Weg, den Sie mit dem Produkt einschlagen werden. Dieser Weg ist immer mit Rückschlägen verbunden. Wichtig ist, sich von diesen Rückschlägen weder entmutigen noch aus dem Konzept bringen zu lassen. Auch wenn Sie in der MVP-Entwicklung manchmal den Eindruck haben, gegen eine Wand zu fahren: Der Weg zum Erfolg ist meist nur ein paar Abzweigungen entfernt.