Digitale Produkte und Dienstleistungen sind längst keine exklusive Angelegenheit von Start-ups aus dem Silicon Valley. Der Druck, mit innovativen digitalen Produkten, Kunden an sich zu binden und neue Märkte zu erschließen, steigt in allen Branchen. Digitale Innovationen entwickeln – das ist für viele Unternehmer komplex, zeitintensiv und teuer. Bleiben kleine und mittlere Unternehmen also außen vor, wenn es um die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle geht?
Wir erklären, wie Sie mit dem Ansatz des MVP, Ideen für innovative Produkte in kürzester Zeit umsetzen und welche Herausforderungen dabei auf Sie warten.
Wie die digitale Transformation den Innovationsdruck erhöht
Selbstfahrende Autos, sprechende Kühlschränke und selbstlernende Maschinen – all das ist längst keine Science-Fiction mehr, sondern Teil der Realität. Die technologische Entwicklung der letzten 20 Jahre verändert Märkte und Gesellschaften radikal. Regelmäßig kommen neue Apps und Technologien mit einem disruptiven Potenzial auf dem Markt. Die Wirkung des technischen Fortschritts erkennen wir an den veränderten Bedürfnissen von Verbrauchern und damit auch an uns selbst:
- Als Verbraucher haben wir uns an den Komfort neuer Technologien gewöhnt
- Die Bedürfnisse sind dynamischer geworden
- Junge Start-ups treten in allen Branchen an, den alteingesessenen KMU Marktanteile zu stehlen.
Dieser Entwicklung können sich auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht mehr verschließen. Während der Satz: “unser Geschäft funktioniert nicht digital, das lebt vom Kontakt zum Kunden“ für viele Branchen seine Berechtigung hatte, ist heute eher das Gegenteil der Fall: Die Interaktion mit Kunden profitiert von digitaler Technologie, weil der Einzelne individueller, schneller und effizienter angesprochen werden kann.
Mit einem MVP digitale Innovationen effizient und schnell umsetzen
Mit dem MVP-Ansatz können Unternehmen schnell und effizient ihr Kerngeschäft um digitale Produkte erweitern, testen und anpassen. Innovationen können so schneller realisiert werden.
MVP steht für Minimum Viable Product. Es ist das Produkt, das gerade so viele Funktionen besitzt, dass für Kunde attraktiv ist. Der MVP-Ansatz kommt aus dem Lean Management, bei dem es darum geht, Arbeitsprozesse den Erfordernissen digitaler Projekte anzupassen. Das Ziel bei der MVP-Entwicklung ist es, schnell, günstig und iterativ innovative Ideen in ein marktfähiges Produkt zu bringen.
Das Konzept des Minimum Viable Products ist daher für viele Unternehmen attraktiv. Es verspricht, in kurzer Zeit mit wenig Ressourcen und vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz aus einer Idee ein Produkt zu machen, dass notwendige Funktionen enthält. Dieses Produkt wird dann direkt am Kunden getestet. Das dabei erzeugte Feedback wird in die nächsten Iterationen des Produkts sofort umgesetzt.
Ziele schneller erreichen, Ressourcen effizienter nutzen und Risiken minimieren
MVP heißt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dadurch kann eine Organisation strategische Ziele schneller erreichen. Kundenbedürfnisse verändern sich rasant, Unternehmen, die es schaffen, neuen Bedarf am schnellsten zu befriedigen, haben einen großen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern, wenn es darum geht, Marktanteile zu vergrößern.
Die MVP Entwicklung bindet wesentlich weniger Ressourcen als die klassische Produktentwicklung. Bei der Entwicklung eines MVP erfolgt die Entwicklung in kleinen Schritten, die einerseits weniger Kosten und andererseits schnell verändert werden können. So wird auch das Risiko, dass mit der Produktentwicklung verbunden ist, verkleinert.
Den Kunde systematisch in den Mittelpunkt stellen
Die digitale Transformation rückt die Kunden in den Mittelpunkt. Ein MVP hilft Ihnen dabei, die Kundenerfahrung in den Mittelpunkt Ihrer Produktidee zu stellen. Sie erhalten in einer sehr frühen Phase wertvolles Feedback von Kunden, dass Sie in die Weiterentwicklung einfließen lassen können. Die Kommunikation mit den Kunden zieht sich durch die gesamte Entwicklung eines MVPs. Annahmen über den Kunden werden schnell bestätigt oder widerlegt. Dadurch kann der MVP in kleinen Schritten immer genau den Wünschen der Kunden angepasst werden.
Produkteinführungszeit verkürzen
Zeit ist bei digitalen Innovationen ein entscheidender Faktor. In der Regel können Sie davon ausgehen, dass Sie nicht der Erste mit Ihrer Idee sind. Die Geschichte des technischen Fortschritts zeigt, dass viele Ideen zur gleichen Zeit unabhängig voneinander gedacht und entwickelt wurden. Mit der Entwicklung eines MVP können Sie die Zeit, bis das Produkt auf dem Markt ist, massiv verkürzen. Während die traditionelle Produktentwicklung oft ein oder mehrere Jahre in Anspruch nimmt, ist die Entwicklung eines MVP in wenigen Monaten möglich. Das erlaubt Ihnen, die Idee früh genug zu verwerfen oder schneller als die Konkurrenz mit der nächsten Brancheninnovation zu sein.
So wird die MVP-Entwicklung zum Erfolg
So vielversprechend der MVP-Ansatz ist, zentral für die erfolgreiche Entwicklung ist die Erkenntnis, dass MVP nicht bloß ein anderes Projektmanagement-System ist. Erfolgreiche MVP-Entwicklung setzt einen Kulturwandel im Unternehmen voraus. Dieser betrifft einerseits die Organisationsstrukturen und der Führungsstil, andererseits die Fähigkeiten und die Denkweise der Mitarbeiter.
Produktvision von Anfang an kommunizieren
Gerade weil das Feedback von Kunden ein so entscheidendes Element in der MVP Entwicklung ist, müssen Sie die Vision und die Vorteile der Idee klar kommunizieren. So bauen Sie eine Basis an Unterstützern und Enthusiasten auf, die wertvolles Feedback für die weiteren Iterationen geben. Die Kunden wissen wiederum, was Sie in der Zukunft von dem Produkt erwarten können.
Ein Beispiel dafür, wie die gezielte Kommunikation einer Vision zum Erfolg einer Idee beitragen kann, ist Dropbox. Der 2007 gegründete Anbieter für Speicherplatz hat heute 500.000.000 Kunde. Was war die erste Version, die die Öffentlichkeit zu Gesicht bekommen hatte? Eine Website mit wichtigen Funktionen? Eine vollständige Anwendung für das Smartphone? Nein. Es war nicht mehr als ein Video, das zeigt, wie Dropbox einmal funktionieren soll. Das Video erhielt eine breite Resonanz. Die Gründer veröffentlichten daraufhin ein weiteres Video, das eine noch größere Reichweite bekam.
Durch dieses Vorgehen haben die Gründer einiges erreicht: Sie haben praktisch bewiesen, dass ihre Hypothese über die Kundenanforderungen stimmen und gleichzeitig eine Basis von Unterstützern geschaffen, die von der Idee begeistert ist – und das ohne eine aufwendige Marketingkampagne.
Das Dropbox-Beispiel ist natürlich nicht auf jede Branche und jeden Anwendungsfall übertragbar. Dropbox war zu seiner Zeit extrem innovativ. Aber das Beispiel zeigt, worauf es bei der Entwicklung eines MVP ankommt: Den Mut, zu scheitern und die Fähigkeit, seine Vision so zu kommunizieren, dass Sie Menschen begeistert.
Vom Projekt- zum Produktmanagement
Anforderungen definieren, analysieren, PoC und Prototyp entwickeln und anschließend die Anforderungen Implementierungen und das Produkt zur Marktreife bringen – so sieht ein klassischer Produktentwicklungszyklus aus. Die Anforderungen sind mehr oder weniger starr und die Struktur des Zyklus macht substanzielle Änderungen schwierig. Anforderungen werden nur zu Beginn definiert und analysiert. Ob diese Annahmen auch wirklich zutreffen, zeigt sich erst ganz am Ende des Zyklus – bei der finalen Markteinführung..
Beim MVP funktioniert dies grundsätzlich anders. Statt eines Projekts steht das Produkt im Mittelpunkt. Anforderungen von Kunden ändern sich. Mit dem MVP-Ansatz gelingt es, diese Dynamik während der Entwicklung abzubilden. Die Stärke des MVP-Ansatzes ist die Iteration. Die Produktentwicklung hat kein klar definiertes Ende, sondern ist ein permanenter Prozess. Sowohl Mitarbeiter als auch die Führungsetage müssen lernen, flexibel auf sich ändernde Anforderungen zu reagieren und im eigenen Denken und Handeln dynamischer zu werden.
Wandel in der Unternehmens- und Führungskultur
MVP-Entwicklung lebt von einer Kultur der Offenheit im Team. Alle Mitarbeiter müssen sich ermutigt fühlen, Ideen einzubringen, Entscheidungen zu hinterfragen, auf Probleme hinzuweisen und Fehler machen zu dürfen.. Diese Partizipation macht nicht nur das Produkt besser, sondern die Entwicklung effizienter: Mitarbeiter betrachten sich eher als aktiver Teil eines gemeinsamen Projekts anstatt eines Zahnrades in einem anonymen Getriebe.
Das ändert nichts an der Notwendigkeit von Führung. Führung ist auch in der MVP Entwicklung wichtig, um alle Kräfte auf die Projektziele zu fokussieren, Risiken zu kontrollieren und günstige Arbeitsbedingungen für das Team zu schaffen. Aber die Funktion von Führung verändert sich: Projektleiter und CIOs werden zu Vermittlern, die verschiedene Anforderungen von Mitarbeitern, Kunden und Stakeholdern aufnehmen und dafür sorgen, dass Sie in der Entwicklung adressiert werden.
Fazit: Mit einem MVP in wenigen Monaten zur Produkteinführung
Der MVP-Ansatz bietet Start-ups und KMU die Gelegenheit, Ideen für digitale Produkte schnell und effizient zu entwickeln, zu testen und zu iterieren. Sie erhalten sehr früh echtes Feedback von echten Kunden, dass Sie für die Verbesserung des Produkts nutzen können.
Aber ein MVP ist kein Selbstläufer. In vielen kleinen und mittleren Unternehmen existiert eine Organisationsstruktur, die in vielen Hinsichten dem MVP-Gedanken widersprechen. Traditionelles Projektmanagement ist zu statisch, um die Veränderungen in den digitalisierten Märkten abbilden zu können. Nicht für alle Unternehmen ist die MVP Entwicklung aus dem Stegreif zu schaffen. Dann ist es sinnvoll, einen Partner zu finden, der die Entwicklung unterstützt und begleitet.